In den 90ern als ich im wesentlichen nur Diablo als Fantasy-Spiel kannte, kam mir Baldurs Gate auf die Platte. Ich war überwältigt von den riesigen Gebieten, der extrem komplexen Story und dem Regelsystem. Vor einiger Zeit gab es im Magazin c't einen Artikel wie man das Spiel in der Grafik-Egine seines Nachfolgers Baldurs Gate 2: Schatten von Amn spielen kann, im Rahmen des Projekts Baldur's Gate Trilogy. Das habe ich zum Anlass genommen es nochmal zu spielen. Die hier gezeigten Screenshots entsprechen also nicht der Original-Grafik-Engine.
Als Ziehkind des weisen Gorions genießt man ein behütetes Leben in der Kloster-Festung Kerzenburg. Aber eines Tages ist es mit der Ruhe vorbei. Gorion bittet darum möglichst schnell die Sachen zu packen und aufzubrechen. Aber kaum hat man mit Gorion die Festung verlassen, begegnet man einem düsteren Krieger mit einigen Handlangern. Gorion stellt sich dem Kampf und man kann entkommen. Aber leider verliert Gorion sein Leben. Als man später zum Tatort zurückkehrt findet man nur seine Überreste. Die Angreifer sind verschwunden. Auf sich allein gestellt erinnert man sich an den letzten Rat seines Ziehvaters. In der Tavernenfestung Freundlicher Arm sollen zwei Freunde Gorions warten. Traurig und müde läuft man durch die Nacht. Auf dem Weg hört man Gerüchte über einen Eisenmangel an der ganzen Küste und einen eventuell bevorstehenden Krieg mit dem Nachbarland Amn. Das sind gar düstere Zeiten ...
Rollenspieltypisch beginnt man mit der Charaktererschaffung. Neben der Rasse (Mensch, Elf, ...) und dem Geschlecht stellt die Charakterklasse eine wichtige Entscheidung dar. Die Hauptklassen sind: Krieger, Magier, Priester, Spitzbuben. Die Hauptklassen untergliedern sich wiederum in etliche Unterklassen wie z.B. Paladin, Druide, Barde, Nekromant. Um die Verwirrung komplett zu machen gibt es noch Mischklassen wie Krieger mit Magiefähigkeiten. Die Mischklassen haben aber fast mehr Nachteile als Vorteile weil z.B. eine Metallrüstung den Einsatz von Magie verhindert und damit ein Krieger-Magier wenig Schutz hat.
Nun müssen Punkte auf die Attribute verteilt werden. Anhand der Rasse wird eine typische Verteilung "ausgewürfelt". Falls man nicht zufrieden ist kann man begrenzt die Punkte umverteilen, darf aber Minimalwerte der Rasse/Klasse nicht unterschreiten. Man kann die Werte aber auch neu auswürfeln lassen.
Die Gesinnung spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Sie bestimmt wie andere Gruppenmitglieder und Charaktere mit einem interargieren. Die Hauptgesinnungen gut, neutral und böse besitzen jeweils drei Unterausrichtungen rechtsschaffend, neutral und chaotisch.
Dann sind die Waffernfertigkeiten dran. Jeder Charakter kann/muss sich zu Beginn auf bestimmte Waffen spezialisieren. Erst mit steigender Erfahrung sind weitere Spezialisierungen möglich. Man sollte auch stets die Waffen verwenden mit denen der Charakter vertraut ist. Ansonsten gibt eis beim Kampf einen Malus.
Am Schluss wird noch das Aussehen, Portrait, Soundschnipsel und der Name festgelegt. Nun kann das Abenteuer beginnen.
Wie man schon bei der Charaktererschaffung gemerkt hat, besitzt das Spiel ein komxplexes Regelsystem. Es basiert auf dem Pen&Paper-System AD&D2 (Advanced Dungeons and Dragons 2nd Edition). Aber zum Glück übernimmt der Computer die Würfellei und man bekommt von dem System mit Rettungswürfen, Initiativwerten etc. sehr wenig mit. Aber ein wenig sollte man sich doch damit befassen umd die schiere Masse an Magie- und Priestersprüchen zu verstehen, deren Schaden, Mali und Boni meistens auf Basis von Würfeln ermittelt werden. Auch Effekte von Waffen und Rüstungen basieren auf Zufallswerten von mehrseitigen Würfeln.
Die Mali kommen auch ins Spiel wenn man mit einer Fernkampfwaffe in den Nahkampf geht oder die Gruppe von einem Zauber getroffen wird der Pech bringt. Auf der anderen Seite kann man die eigenen Boni ebenfalls mit Zaubern oder Gegenständen steigern und den Gegner schwächen. Wenn ein Charakter mit einer Waffe kämpft für die er nicht ausreichend spezialisiert ist, ist das ebenfalls nicht von Vorteil.
Zu Beginn ist der Hauptcharakter noch schwach und unerfahren. Seine Ausrüstung ist eher Mittelmaß und viele Freude hat er noch nicht. Überall lauern Viecher und Räuber. Also sucht man sich Gefährten, die bereit sind eine Gruppe zu bilden. Man kann bis zu 5 Gefährten in die Gruppe aufnehmen. Man sollte stets auf eine ausgewogene Gruppe achten. Jede Klasse sollte vertreten sein: Kämpfer, Prister, Magier, Fernkämpfer, Dieb. Damit ist man möglichst felxibel und kann fast jede Situation meistern. Aber Vorsicht: Die Charaktere haben eine eigene Gesinnung und verfolgen mitunter eigene Ziele. Wenn Charaktere in der Gruppe zu unterschiedlich sind, kann es zu internen Konflikten kommen und kann bis zu einem Kampf zwischen Gruppenmitgliedern führen. Aber auch der Ruf der Gruppe hat einen Einfluss auf die allgemeine Laune in der Gruppe. Böse Charaktere sind nicht sehr begeistert wenn die Gruppe als Hüter der Gerechtigkeit angesehen wird. Teilweise führen die Gruppenmitglieder skurile Unterhaltungen bei denen man Schmunzeln muss. Durch diese Eigendynamik macht die Gruppe einen stets lebendigen Eindruck.
Auf der Gegenseite hat man es mit vielfältigen Getier und Gegnern zu tun. Das reicht von den Bewohnern des Waldes wie Bären und Wölfen bis zu Gnollen, Lindwürmern, Nymphen und sogar Dämonen. Aber auch menschliche Gegner machen der Gruppe zu schaffen. Im Verlauf der Handlung trifft man auf harte Zwischengegner als auch ebenso gute abgestimmte Gegner-Gruppen.
Daneben gibt es noch unzählige Charaktere. Viele sind Statisten wie Bewohner, Wachen, Bauern oder sogar leichte Mädchen. Aber eine Menge haben einen konkreten Namen und bieten somit die Möglichkeit für helfende Informationen oder sogar einen Auftrag. Wenige möchten sich sogar der Gruppe anschließen. Durch diese NPCs (Non Player Characters) wirkt die Welt lebendig. Vor allem in Städten und Tavernen ist ordentlich was los. Tags über sind eher die normalen Bürger auf den Straßen während nachts eher die zwielichten Gestalten und Nachtschwärmer umherziehen. Viele Händler bieten die Möglichkeit Dinge zu erwerben oder zu verkaufen. Priester heilen Gruppenmitglieder oder erwecken sie sogar wieder zum leben. Magier gewähren Einblicke in ihr Wissen.
Nebem dem üppigen Hauptstrang der Handlung, gibt es unzählige Nebenquests für Stunden. Diese sind sehr wichtig um der Gruppe zusätzliche Erfahrungspunkte und somit auch neue Fertigkeiten zu geben, die man im Verlauf der Geschichte für die schweren Zwischenkämpfen und den Endkampf benötigt. Die Nebenqueste reichen von kleineren Aufträgen die man von den NPCs erhält oder auch etwas ausgedehntere Abenteuer die sich über Stunden ziehen. Die Erweiterung Legenden der Schwertküste erweitert das Originalspiel um eine handvoll schwierige Abenteurer die aber auch ordentlich Erfahrungspunkte bringen.
Manche Aufträge lassen sich auf mehrere Weisen erledigen. Man kann grausam oder mitfühlend sein. Je nach Entscheidung, kann der Ruf der Gruppe steigen oder sinken. Wer mordend und raubend duch die Stadt zieht, ist nicht besonders beliebt und kann sich nicht mehr blicken lassen ohne gleich die Wache am Hals zu haben. Die Leute machen einen weiten Bogen um die Gruppe und man hat keinerlei Hilfe mehr zu erwarten. Als strahlender Held jedoch ist man überall gern gesehen außer bei den zwielichtigen Gestalten vielleicht. Erledigte Aufträge bringen Geld, Erfahrungspunkte oder sogar seltene Gegenstände. Es lohnt sich in jedem Fall so viele Nebenquests wie möglich mitzumachen. Die Spanne reicht vom Suchen einer entlaufenden Katze über Diebestouren bis hin zu Auftragsmorden. Bei den dunklen Machenschaften sollte man sich lieber nicht erwischen lassen.
Da die Fantasy-Welt keineswegs friedlich ist, benötigt die Gruppe natürlich ausreichend Bewaffnung um sich gegen die Feinde bewähren zu können. Das Spektrum der physischen Waffen ist recht üppig. Es ist alles dabei: Schwerter in allen Größen, Äxte, Streitkolben, Kampfstäbe, Flegel, Bögen, Armbrüste, Schleudern usw. Teilweise gibt es magische Varianten die einen oder mehrere zusätzliche Effekte haben, z.B. besonders effizient gegen Untote sind. Die neuen Gruppenmitglieder die man trifft haben meist ein oder zwei Vorlieben für bestimmte Waffen. Man sollte ihnen tunlichst auch nur diesen Typ von Waffen in die Hand geben, sonst schlägt der zuvor erwähnte Malus im Kampf zu.
Für die geistige Fraktion gibt es eine fast nicht überschaubare Menge von Priester- und Magiesprüchen. Diese werden in sogenannte Schulen gruppiert. Jeder Magier ist auf eine Schule spezialisiert und kann nur Sprüche dieser Schule lernen. Magier ist also nicht gleich Magier. Grob lassen sich die Zauber wie folgt einteilen:
Manche Zauber wirken nur auf den Gegner oder die eigene Gruppe. Aber manche, vor allem die Flächenzauber, betreffen alle in einem bestimmten Areal. Man muss also aufpassen, daß man nicht aus Versehen die eigene Gruppe ebenfalls in Mitleidenschaft zieht. Vor allem in engen Räumlichkeiten ist das ein Problem.
Wie in jedem typischen Rollenspiel gibt natürlich eine Menge anderer Gegenstände wie Rüstungen, Schilde, Armschienen, Stiefel, Helme, Umhänge, Roben, Ringe, Amulette mit denen man die Charaktere austatten kann. Viele von ihnen bringen magische Effekte die das Leben einfacher und angenehmer machen. Aber Vorsicht: einige Gegenstände können auch verflucht sein. Man sollte unbekannte Gegenstände also immer identifizieren bevor man sie benutzt. Desweiteren bestimmen oft die Charakterklassen welche Gegenstände getragen werden können. Magiere können oft keine Metallrüstungen tragen weil dann das Wirken von Zaubern nicht mehr möglich ist. Aber auch einige Waffen benötigen bestimmte Klassen als Voraussetzung.
Kampf ist zwar nicht immer die beste Lösung aber meistens lassen sich Probleme damit schneller aus dem Weg schaffen und ist auch nicht immer vermeidbar. Besonders bei Kämpfen ist eine ausgewogene Gruppe wichtig. Denn die Gegner sind meistens bestens organisiert und verzeihen nur wenige Fehler. Damit nicht so viel Hektik aufkommt, lässt sich das Spiel jederzeit mit der Leertaste pausieren. Dann kann man in aller Ruhe en einzelnen Mitgliedern seiner Gruppe Befehle erteilen, z.B. wen sie mit welcher Waffen angreifen, welche Zauber gewirkt werden und wo sie sich hinstellen sollen. Die Aufstellung der Gruppe ist extrem wichtig. Das Spiel bietet eine kleine Zahl von Formationen in der sich die Gruppe bewegt. Jede dieser Formationen benötigt unterschiedlich Raum und muss mitunter je nach Gelände gewechselt werden. Als Grundregel für die Aufstellung gilt jedoch immer: Nahkänpfer vorne als Blockade in den Reihen zwei und drei Fernkämpfer, Magiere und Priester. Manchmal wird man während der Reise überfallen und ist dann umzingelt. Dann sollte man schnell die Gruppe neu ausrichten.
Manche Kämpfe sind sehr hart und sobald der Hauptcharakter stirbt ist das Spiel vorbei. Deshalb sollte man in regelmäßigen Abständen speichern damit man nicht die Stunden vor dem Kampf nicht erneut spielen muss. Während eines Kampfes kann man hingegen nicht speichern. Manchmal die die Kämpfe so tough, daß man mehrere Anläufe braucht. Man muss mit Zaubersprüchen experimentieren oder den Gegner schon außerhalb seiner Sichtweite angreifen in dem man entweder Wesen beschwört oder einen Flächenzeuber einsetzt. Aber die beste Strategie nutzt nichts wenn ein gegnerischer Magus einen Verwirrungs-Zauber auf die Heldengruppe spricht und alle in Panik durcheinander laufen. Aber was der Gegner kann, kann man auch sofern man einen Magier dabei hat. Als Tip sollten die Fernkämpfer ihre Angriffe auf gegnerische Magiere und Priester konzentieren damit diese bei ihren Zaubern gestört werden. Ebenfalls sehr praktisch ist es die Gruppe per Zauber zu beschleunigen. Damit steigt die Angriffskraft deutlich. Allerdings sind die Mitglieder der Gruppe danach ziemlich geschlaucht und brauchen dringend eine Ruhepause mit einer Runde Schlaf.
Als Lohn der gewonnenen Kämpfe, kann man die gefallenen Gegner nach nützlichen Dingen durchsuchen. Vor allem bei härteren Gegnern lohnt sich das besonders weil da das eine oder andere wertvolle dabei ist. Wenn man es nicht nutzen kann, bringt es beim Händler bestimmt einen guten Preis.
Grafisch wahr das Spiel seinerzeit gar nicht so übel. Die Landschaften, Höhlen und Städte wurden liebevoll gestaltet. Diese sind aber gerendert und bieten daher wenig Bewegung. Aber zum Glück gibts es Bewohner und Kreaturen. Damit wirkt das alles nicht ganz so steril. Tag-und-Nacht-Wechsel und Wetter beleben die Szenerie zusätzlich. Das Spektrum der Landschaften bietet eigentlich alles: dichte Wälder, kahle Steppen, hohe Gebirge, muffige Höhlen und mit der Stadt Baldurs Tor eine riesige Stadt mit unzähligen Ecken die es zu erkunden gilt. Die Charaktere auf dem Spielfeld zeigen je nach Ausrüstung ein anderes Erscheinungsbild.
Die Originalversion war auf 640x480 Bildpunkte beschränkt. Da war der Auschnitt den man mit seiner Gruppe erblicken konnte schon relativ klein. Mit dem Projekt Baldurs Gate Trilogy hat man nun die Möglichkeit alle Teile von Baldurs Gate in der Engine von Baldurs Gate 2 das bringt eine höhere Auflösung und man sieht mehr vom Gebiet auf einmal.
Die Stimmen der Synchronsprecher sind druchaus gut gelungen und manche Sprüche von den Statisten zaubern ein Schmunzeln auf das Gesicht. Manchmal haperts ein bisschen mit der Lautstärke weil einige Stimmen lauter aufgenommen wurden als andere und man fast vom Stuhl fällt wenn man einen "lauten" Kollegen erwischt. Musikalisch hält sich das Spiel etwas zurück. Ab und zu gibts recht gelungene Stücke zu hören.
Gesteuert wird das Spiel primär mit der Maus. Meistens verwende ich noch die Leertaste zum Anhalten des Spiels. Aber man kann das Spiel aus so einstellen, daß bei bestimmten Ereignissen (Sichtung eines Gegners, Finden einer Falle, ...) automatisch pausiert wird. Das hilft ungemein wenn etwas überraschendes passiert.
Grafik | 3/4 | Für alle Rollenspiel-Fans ist das Spiel eigentlich ein Muss. Die Grafik ist (zumindest nach damaligen Maßstäben) sehr schön und man taucht schnell in die fiktive Welt ab. Die Story fesselt ungemein und enthält viele Wendungen und Überraschungen. Man hat ungeahnte Freiheiten, und das nicht nur bei der Charaktererschaffung, so daß man sebst betimmen kann ob man nun den Hauptquests folgt oder sich doch erstmal ein wenig woanders umschaut. Man kann sich zwischen Held und Fiesling entscheiden und sich eine entsprechende Gruppe zusammen suchen. Für Einsteiger ist das Spiel vielleicht etwas kompliziert weil es auf einem komplexen Regelsystem basiert. Aber das Spiel versteckt schon einige der nakten Zahlen. Das Spiel kann ich nur empfehlen. | ||
Sound | 4/4 | |||
Atmosphäre | 6/6 | |||
Story | 5/6 | |||
Steuerung/Qualität | 4/4 | |||
Gesamt | 5/5 |